An den
Bürgermeister der Stadt Velbert
Thomasstr. 1
42551 Velbert
Velbert, 11.11.2023
Antrag auf einen Tagesordnungspunkt „Verteilung der Fraktionszuwendungen“
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
wir beantragen für die nächste Sitzung des Rates der Stadt Velbert den folgenden Tagesordnungspunkt „Verteilung der Fraktionszuwendungen“
Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung wird beauftragt, dem Rat der Stadt Velbert für die nächste Sitzung einen Beschlussvorschlag zur Verteilung der Fraktionszuwendungen vorzulegen, der dem Erlass des Innenministers NRW „Zuwendungen kommunaler Körperschaften an Fraktionen der Vertretungen“ aus dem Jahre 2015 vollumfänglich Rechnung trägt.
Auszug:
Die Verteilung von Haushaltsmitteln für die Geschäftsführungstätigkeit von Fraktionen ist am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Grundsatz der Chancengleichheit zu messen. Als Maßstab für die Verteilung der Haushaltsmittel ist die Fraktionsstärke sachgerecht. Eine rein proportionale Mittelverteilung nach Köpfen ist jedoch nicht zulässig, da jeder Fraktion ein gewisser Sockelbedarf entsteht, der kleinere Fraktionen bei einer proportionalen Mittelverteilung ungleich stärker beschweren würde (BVerwG, Urteil vom 05.07.2012, Az. 8 C 22/11). Die gewährten Mittel müssen unter den Fraktionen nach einem Maßstab verteilt werden, der sich an deren tatsächlichem oder zu erwartendem Bedarf für die Geschäftsführung orientiert. Im Vergleich von Mitgliedern großer mit Mitgliedern kleiner Fraktionen dürfen die Zuwendungen an die Fraktionen die grundsätzliche Gleichheit der Mandatswahrnehmung nicht beeinträchtigen. Daher dürfen die bereitgestellten Haushaltsmittel bei unterschiedlich großen Fraktionen nicht linear proportional auf die Fraktionen verteilt werden. Stattdessen kann ein fraktionsstärkeunabhängiger Sockelbetrag mit einer Verteilung nach dem Kopfteilprinzip kombiniert werden. In Betracht kommen aber auch andere Modelle, z. B. eine degressiv-proportionale Regelung, welche die ersten Mitglieder einer Fraktion stärker gewichtet als spätere (vgl. BVerwG a. a. 0.). Die danach notwendige Differenzierung der Fraktionszuwendungen kann also beispielsweise so aussehen, dass alle Fraktionen einen gleichen Sockelbetrag erhalten und daneben ein bestimmter Kopfbetrag pro Mitglied der Fraktion gezahlt wird.
Begründung:
Auf Anfrage der Fraktion Velbert Gemeinsam hat der Bürgermeister eine interne Prüfung vornehmen lassen, ob die bisherige Verteilung der Fraktionszuwendungen basierend auf den Ratsbeschluss (Vorlage 442/2010) vom 30.10.2010 mit dem oben zitierten Erlass des Ministers konform sei. Das Ergebnis der Prüfung fügen wir diesem Antrag bei. Der Bürgermeister vertritt die Meinung, dass dem so wäre. Jedoch sind die Erläuterungen in Teilen widersprüchlich und auf die Problematiken, die wir unten aufführen und von essentieller Bedeutung im Erlass des Ministers sind, wird überhaupt nicht eingegangen. Somit sahen wir uns gezwungen diesen Antrag zu stellen, damit dem Erlass des Ministers auch in der Stadt Velbert gefolgt wird.
Aktuelle Verteilung der Fraktionszuwendungen gemäß Ratsvorlage 442/2010 und der Erhöhung um 12% gemäß Vorlage 258/2023:
Da in Velbert kein Sockelbetrag definiert ist, müsste gemäß Erlass eine degressiv-proportionale Regelung greifen. Das bedeutet, dass Fraktionen mit mehr Ratsmitgliedern in Gänze mehr Finanzmittel zur Verfügung stehen muss, aber jedoch aufgrund der degressiv-proportionale Regelung im Durchschnitt pro Ratsmitglied je größer die Fraktion weniger Finanzmittel erhalten darf.
Dieses Prinzip wird bereits beim Sprung von der Fraktion mit 2 auf 3 Ratsmitgliedern nicht eingehalten. Dies wird im Schreiben vom Bürgermeister damit gerechtfertigt, dass es im Jahre 2012 eine Gerichtsentscheidung gab, wo eine Steigerung von 400% als rechtwidrig eingestuft wurde. Wie man von dieser Gerichtsentscheidung zu der Erkenntnis kommt, dass eine mehr als 100% Erhöhung rechtkonform sei, können wir nicht nachvollziehen, denn das Gerichtsurteil wird nicht aufgeführt bis zu welcher Erhöhung das Ganze rechtskonform sei. Hierbei muss auch noch bedacht werden, dass der Erlass des Ministers aus dem Jahre 2015 ist und somit nach der Gerichtsentscheidung.
Ausgehend aus den Formulierungen des Erlasses und der bisherigen Rechtsprechung wäre hier eine Steigerung von circa 50% oder etwas weniger nachvollziehbar. Weiteres Beispiel für die nicht Konformität der Velberter Regelung mit dem Erlass des Ministers ist sicherlich, dass eine Fraktion mit 5 Ratsmitgliedern genau die gleiche Höhe an Fraktionsmitteln erhält wie eine Fraktion mit 9 Ratsmitgliedern. Dabei wird im Erlass explizit darauf hingewiesen, dass der tatsächliche Bedarf der Fraktionen ebenfalls zu berücksichtigen sei. Es bedarf sicherlich keiner ausführlichen Erklärung, dass eine Fraktion mit 9 Ratsmitgliedern höheren Bedarf an Finanzmitteln hat als eine Fraktion mit 5 Ratsmitgliedern. Die Ungleichbehandlung wird dann noch einmal verdeutlicht beim „Sprung“ von Fraktionen mit 9 zu 10 Ratsmitgliedern. Hier gibt es eine Steigerung um mehr als 1500,- Euro. Bei einer Umrechnung der Finanzmittel pro Ratsmitglied wird die Ungerechtigkeit deutlich. Eine Fraktion mit 9 Ratsmitgliedern erhält pro Ratsmitglied 316 Euro und eine Fraktion mit 10 Ratsmitgliedern jedoch pro Ratsmitglied 440,- Euro. Dabei ist sowohl in der Rechtsprechung und insbesondere im Erlass des Ministers zu lesen, dass die Fraktionszuwendung pro Ratsmitglied je größer die Fraktionen werden maximal gleichbleiben darf. Hier gibt es jedoch eine Steigerung von gut 40%. Bereits diese wenigen Beispiele verdeutlichen, dass die Regelung der Stadt Velbert aus dem Jahre 2010 unbedingt einer Änderung bedarf.
Mit freundlichen Grüßen
Cem Demircan
Fraktionsvorsitzender
Selin Cengiz
Fraktionsgeschäftsführerin